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„Euro-Rettung bindet Deutschland an einen Leichnam“
Wer profitiert eigentlich vom Erhalt des Euro? Die Rettungspolitik hilft deutschen Exporteuren bei Geschäften mit Krisenstaaten - zu Lasten der Steuerzahler. Besser wäre es, den Euro sterben zu lassen. Ein GastkommentarDeutschlands Wohl hängt am Euro. So argumentieren nicht nur die Wortführer des in EU-Fragen längst gleichgeschalteten bundesdeutschen Parteienkartells, die die abgedroschene Formel vom Euro-Gewinner Deutschland immer wieder aufs Neue beschwören. So sprach auch der stets sardonisch lächelnde EZB-Präsident Draghi, als er Anfang November vor dem Wirtschaftstag der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken belehrend erklärte, 40 Prozent des gesamten deutschen Sozialproduktes hingen am Handel mit der Euro-Zone. Es gab weder Widerspruch noch eine spätere Richtigstellung – ein jeder gute Deutsche, so scheint es, nimmt derweil alles hin, was die EZB ihm verabreicht.
Richtig ist, dass der Gesamtexport rund 40
Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung entspricht. Der Anteil des
Handels mit der Euro-Zone nimmt aber am Gesamtexport lediglich 38 bis 39
Prozent ein. Damit entsprechen Deutschlands Exporte in die Euro-Zone
nominell nur etwa 15 Prozent des deutschen Bruttosozialproduktes; real
betrachtet ist der Prozentsatz noch erheblich geringer, wird doch der
weit größte Teil der deutschen Ausfuhr in die angeschlagene Euro-Zone
überhaupt nicht mehr von den Importländern bezahlt. Den finanziert und
subventioniert nämlich die Deutsche Bundesbank.
Zwischen
1998 und 2011 wuchs die deutsche Gesamtwarenausfuhr um gut 117
Prozent. Demgegenüber wuchs die deutsche Wirtschaft im selben Zeitraum
im internationalen Vergleich weit unterdurchschnittlich. Laut Eurostat
betrug die jährliche Wachstumsrate der deutschen Wirtschaft nur 1,4
Prozent, verglichen mit 1,7 Prozent für Frankreich, 2 Prozent für die
Niederlande, 2,8 Prozent für Schweden, 2,1 Prozent für Großbritannien
und einem durchschnittlichen Wachstum von 1,8 Prozent für die EU.
Deutschland blieb auch weit hinter den Vereinigten Staaten mit 2,2
Prozent zurück. Nur Japan, Italien, Portugal und Griechenland wiesen
von 1998 bis 2011 eine niedrigere Wachstumsrate auf.
Indes die deutsche Exportindustrie Ausfuhr- und Gewinnrekorde
verzeichnet, stagniert der Lebensstandard weiter Teile der deutschen
Bevölkerung seit Einführung des Euro. Wie Charles Dumas, Chef von
Lombard Street Research in London, errechnete, stieg das verfügbare
Durchschnitts-pro-Kopf-Einkommen der Deutschen von 1998 bis 2011 um nur
etwa sieben Prozent im Vergleich zu Zuwachsraten von 13 Prozent für
Spanien und über 18 Prozent für Großbritannien, Frankreich und die USA.
Lediglich für Italien und Japan ergab sich eine geringe Anstiegsrate.
Deutschland ist heute ein ärmeres Land im Vergleich zu seinen Nachbarn
und vielen EU-Mitgliedern als im Jahr 1998.
Zieht
man die seit zwanzig Jahren stetig ansteigende Einkommensungleichheit
in Deutschland in Betracht, bedeutet der verhaltende Zuwachs der
privaten Durchschnittseinkommen nichts anderes als dass die Reallöhne
und Lebensstandards vieler Bevölkerungsgruppen seit 20 Jahren nicht mehr
gestiegen, vielfach gar real gefallen sind. Aus dem in Europa seit
Bismarck beispielhaften deutschen Sozialstaat mit seinem kontinuierlich
ausgebauten und lange Zeit vorbildlichem Gesundheits-, Renten- und
Grundsicherungssystem ist in mancher Hinsicht ein Niedriglohnland mit
rapide zunehmender sozialer Ungleichheit, einer katastrophalen
demographischen Entwicklung und einer gedankenlosen Einwanderungspraxis,
die Immigranten direkt am Arbeitsmarkt den Weg ins soziale Netz ebnet,
geworden.
Bundesbank finanziert Kapitalflucht
In kaum einer entwickelten Volkswirtschaft ist der Anteil der Exportindustrie an der gesamten Wirtschaftsleistung größer als in Deutschland. Warum also schlug sich der Exportboom nicht in höherem Wachstum und Lebensstandard nieder? Die Erklärung für diesen scheinbaren Widerspruch findet sich in den sogenannten Target2-Salden im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrssystem der EZB für die Euro-Zone, auf deren Bedeutung Hans-Werner Sinn, der Chef des Ifo-Institutes seit über einem Jahre unaufhörlich hingewiesen hat.
Die von Sinns Gegnern immer wieder geschickt verkomplizierte Diskussion verschleiert einen im Grunde einfachen Mechanismus, der dem EZB-Zahlungssystem zugrunde liegt und der die finanzschwachen Eurostaaten systematisch zu Lasten der finanz- und exportstärkeren begünstigt. In der Regel läuft jede Überweisung und bargeldlose Zahlungsweisung von einem Euro-Mitgliedsland in ein anderes über das Target2 System der EZB, das sich nur durch den grenzüberschreitenden Bargeldtransport im Koffer umgehen lässt.
Angenommen
ein spanisches Unternehmen bestellt fünfzig emissionsarme modernste
Dieselmotoren aus Deutschland. Nach Wareneingang weist der Importeur
seine spanische Hausbank an, das Geld an den Exporteur zu überweisen.
Dies geschieht unter Einschaltung der Zentralbanken über das
EZB-Target2-System, d.h. die Hausbank belastet ihren Kunden und leitet
das Geld über die spanische Notenbank und die Bundesbank an die Hausbank
des Exporteurs weiter, die es ihrem Kunden gutschreibt. Der Importeur
erhält die Motoren, und der Exporteur bekommt sein Geld, und alles
scheint im Lot.
Wohlgemerkt ‚scheint‘, denn die Besonderheit des Target2-System der EZB – es sei dahingestellt, ob ausgeklügelt oder nicht – besteht darin, dass das Geld nie Spanien verlässt und in Deutschland nie ankommt. Stattdessen erhält die Bundesbank eine Target2-Forderung gegenüber der spanischen Zentralbank, die das Geld nicht auszahlt, sondern nur als Verbindlichkeit in ihrer Bilanz verbucht. Befürworter des Systems meinen, langfristig werden Forderungen dadurch beglichen, dass Staaten mit Verbindlichkeiten auch ihrerseits Güter exportieren und Kapitalzuflüsse erhalten, und so alles wieder ausgeglichen wird. Diese Milchmädchenrechnung ginge wunderbar auf, wenn es keine langfristigen Handels- und Kapitalbilanzungleichgewichte zwischen Staaten gäbe. Die Dinge liegen leider anders.
Am 30. September 2012 beliefen sich die
ausstehenden Target2 Forderungen der Bundesbank auf 700 Milliarden
Euro; bis zum Jahresende werden sie voraussichtlich auf 750 bis 800
Milliarden ansteigen. Die Target2-Kredite der Bundesbank an andere
Zentralbanken im EZB-System belaufen sich auf etwa zwei Drittel der
Bilanzsumme der Bundesbank; sie sind durch keinerlei Sicherheiten
gedeckt. Durch ihre Target2-Kredite finanziert die Bundesbank neben
Dienstleistungen und reinem Kapitalexport aus den schwache Eurostaaten –
im Klartext der Kapitalflucht aus diesen Staaten - einen Großteil der
deutschen Exporte in die Euro-Zone, weil viele der GIIPS-Staaten
(Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien) überhaupt nie das
Geld hatten, deutsche Industrie- und Konsumgüter in solchem Maße
einzuführen.
Eine-Billion-Solizuschlag für die Krisenländer
Hartnäckig
behaupten sich in diesem Zusammenhang die Stimmen jener, darunter
anfangs auch die Bundesbank, die betonen, die Target2-Salden seien ein
reines Schein- oder Buchungsproblem. Irgendwie müssten die Zahlungs- und
Warenflüsse ja beim Grenzübertritt erfasst werden, aufs Ganze jedoch,
in der konsolidierten EZB-Bilanz, in die alle Notenbankbilanzen
einfließen, gleicht sich alles auf den Cent genau aus. Also kein Grund,
den Schlaf darüber zu verlieren.
Die EZB als entscheidende finanzpolitische Macht
- Käufer von Staatsanleihen
Die EZB hat ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen. Sie kann frei entscheiden, wie viele Anleihen sie von Ländern kauft, um deren Zinslast zu drücken. Bislang hat die EZB für 211 Milliarden Euro Staatsanleihen gekauft - wie viele Bonds sie jeweils von welchen Ländern gekauft hat, hält sie geheim.
- Regierungsaufseher
In Griechenland, Portugal und Irland kontrolliert die EZB zusammen mit der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds direkt die Finanz- und Wirtschaftspolitik der jeweiligen Regierung. Das schließt sogar detaillierte Vorgaben zur Reform des Taxigewerbes ein. Wenn der Rettungsschirm ESM einsatzbereit sein sollte und weitere Länder sich unter seinen Schutz begeben, könnte sich die indirekte Regierungsbeteiligung der EZB bald über halb Europa erstrecken.
- Bankenretter
Eigentlich sollte die EZB nur solventen, also kreditwürdigen Banken Liquidität gegen gute Sicherheiten geben. Aber nachdem ganze Bankensysteme aus den Fugen geraten waren, zeigte die EZB sich immer großzügiger: Sie hat den Banken eine Billion Euro an Krediten mit dreijähriger Laufzeit gegeben. Damit ersetzt sie die Bankanleihen, über die sich die Häuser sonst finanzieren, die viele Banken aber nicht mehr absetzen können, weil sie als nicht mehr solvent genug gelten. Ohne diese Sonderkredite der EZB hätten viele Banken auslaufende Bankanleihen nicht mehr bedienen können und hätten geschlossen werden müssen, mit hohen Kosten für die Steuerzahler.
- Undurchsichtige Nothilfen
Besonders undurchsichtig sind die Nothilfen, mit denen nationale Zentralbanken Problembanken helfen. Diese Nothilfe, genannt „Emergency Liquidity Assistance“ (ELA), kommt zum Einsatz, wenn Banken nicht mehr über genügend für die EZB akzeptable Sicherheiten verfügen. Die Notenbanken Griechenlands und Irlands, die am stärksten ELAs vergeben haben, weisen das Volumen dieser Hilfsprogramme in ihren Bilanzen nicht eindeutig aus. Griechische Banken können sich derzeit nur noch über ELA mit Liquidität versorgen.
- Bankaufseher
Die europäischen Regierungschefs haben beschlossen, eine gemeinsame europäische Bankaufsicht zu schaffen. Die EZB soll die Oberhoheit bekommen und arbeitet bereits Pläne aus. Kritiker, auch unter den Notenbankern, fragen sich, wie man eine politisch unabhängige Institution, die sich für ihr Tun und Unterlassen nicht rechtfertigen muss, Entscheidungen über die Abwicklung oder Rettung von Banken treffen lassen kann, die die Steuerzahler Hunderte Milliarden Euro kosten können.
- Außenhandelsfinanzierer
Durch die großzügige Notenbankhilfe werden nicht nur Banken gerettet, sondern ganze Staaten. Denn mit dem großzügigen Kredit von der EZB bezahlen die griechischen oder spanischen Banken die Forderungen des Auslands. Die entstehen dadurch, dass diese Länder im Handels- und Kapitalverkehr mit dem Ausland weniger einnehmen, als sie bezahlen müssen. Da sie den nötigen Kredit von privater Seite nicht mehr bekommen, müssten sie ihre Einfuhren sofort massiv einschränken, wenn die Notenbank nicht so großzügig Kredit gewährte.
Angenommen, Sie leihen Ihrem Bruder 100.000
Euro, weil er gerade in ‚Zahlungsbilanzschwierigkeiten‘ ist. Innerhalb
der Familie verbuchen wir Minus 100.000 für ein Mitglied und Plus
100.000 für ein anderes. Im Saldo kommen wir auf Null. Schlafen Sie
deshalb besser? Was soll geschehen, wenn Ihr Bruder seiner
Zahlungsprobleme nicht Herr wird und Ihnen mitteilt, er könne das Geld
an Sie nicht zurückzahlen, oder braucht gar noch mehr? Fürwahr, nur ein
Scheinproblem.
Wer macht was bei der EZB?
- Mario Draghi
Der italienische EZB-Präsident Mario Draghi verantwortet nach wie vor die Kommunikation der Europäischen Zentralbank. Seit Gründung der EZB erklärt der Präsident einmal monatlich die Geldpolitik der Währungshüter in einer Pressekonferenz. Außerdem ist Draghi Ansprechpartner für den EZB-Rat, dem neben den sechs Direktoriumsmitgliedern die Chefs der 17 Euro-Notenbanken angehören. Auch die interne Revision, das Sekretariat des Europäischen Rats für systemische Risiken (ESRB) und die Sekretariats- und Übersetzungsdienste liegen in seinem Verantwortungsbereich.
- Vítor Constâncio
Dem Vizepräsidenten der EZB untersteht die Verwaltung der Behörde mit Ausnahme des Neubaus der Zentrale, der von Jörg Asmussen verantwortet wird. Außerdem zählt zu seinem Beritt die Überwachung der Finanzstabilität. Der Bereich hat seit der US-Immobilienkrise erheblich an Bedeutung gewonnen.
- Jörg Asmussen
Der deutsche Vertreter im EZB-Rat übernimmt die Aufgabenbereiche internationale und europäische Beziehung, die Verantwortung für die EZB-Vertretung in Washington, die Rechtsabteilung und kontrolliert ab sofort auch den Fortgang des Neubaus der Zentrale der Europäischen Zentralbank im Frankfurter Ostend.
- Benoît Coeuré
Als heißer Kandidat für den Posten des Chefvolkswirt gehandelt, muss sich Benoît Coeuré jetzt mit anderen Aufgaben begnügen. Der Franzose übernimmt die IT-Abteilung der EZB und ist für Zahlungssysteme verantwortlich. Ab März 2012 wird er aber auch die Marktabteilung der Notenbank vom Spanier José Manuel González-Páramo übernehmen und damit eine in der aktuellen Staatsschuldenkrise wichtige Funktion. Die Marktabteilung ist für die Aufkäufe von Wertpapieren wie etwa Staatsanleihen und die Einlagengeschäfte von Banken mit der EZB zuständig.
- José Manuel González-Páramo
Die Verantwortung über die Marktabteilung tritt der Spanier José Manuel González-Páramo zum 1. März 2012 an seinen neuen französischen Kollegen Benoît Coeuré ab. Er behält die Bereiche Bargeld, Statistik und Forschung.
- Peter Praet
Überraschend übernimmt der Belgier Peter Praet die Nachfolge des deutschen EZB-Direktoriumsmitglieds Jürgen Stark als Chefvolkswirt der Notenbank. Praet ist der lachende Dritte, nachdem sich zwischen französischer und deutscher Regierung Spannungen über die Besetzung dieses Postens entwickelt hatten. Die Aufgabenvergabe ist jedoch Aufgabe des EZB-Präsidenten. Praet steht der volkswirtschaftlichen Abteilung der Notenbank vor und ist damit für die makroökonomischen Analysen zuständig, eine vermeintliche Schlüsselposition. Außerdem verantwortet er das elektronische Wertpapierabwicklungssystem Target2 sowie die Personalabteilung und den Haushalt der EZB.
Durch die Target2-Salden stellt die Bundesbank
sicher, dass die deutsche Industrie und Finanzinstitute ihr Geld
bekommen, nur dass sich dadurch ihre eigene Bilanz um ungesicherte
Forderungen von hunderten von Milliarden Euro verlängert, ohne wirkliche
Aussicht, dass die ausstehenden und stetig ansteigenden Forderungen
jemals bezahlt werden können, denn möglich wäre dies nur bei einer
nachhaltigen Umkehr der Handels- und Leistungsbilanzdefizite, was schon
der Fortbestand der Währungsunion verhindert.
Für
die 250 bis 300 Milliarden Euro, mit der die Bundesbank in diesem Jahre
deutsche
Industrieunternehmen und Finanzinstitute subventioniert,
könnte die Bundesbank die kostenlose Verteilung von bis zu 15 bis 16
Millionen VW Golf an die deutschen Bevölkerung finanzieren. Für die
insgesamt fast 800 Milliarden Euro, die sie bislang der Euro-Zone 'lieh'
könnte die Bundesbank den gesamten deutschen PKW-Markt von 43 Millionen
Personenkraftwagen mit Neuwagen derselben Marke versorgen.
Wenn die Bundesbank das Geld gedruckt aber
daheim gehalten hätte, so hätte es die bis vor kurzem schleppende
Binnennachfrage angeregt. Stattdessen zwingt das Target2-System die
Bundesbank in die Rolle des weltweit ineffizientesten Staatsfonds, der
das deutsche Volksvermögen nur in eine einzige „Vermögensklasse“
investieren darf: in öffentliche und private Schuldtitel angeschlagener
Eurostaaten. Mit ihrem großzügigen, sich bald auf eine Billion
belaufenden „Solizuschlag“ finanziert die Bundesbank den schwächeren
Euro-Staaten die Einfuhr deutscher Waren, die sie sich eigentlich nicht
leisten können, und sie beschert der deutschen Außenwirtschaft
Subventionen in Höhe von jährlich hunderten Milliarden Euro, die zum
Großteil dann wieder in Investitionen in Übersee und die EU-Staaten
abfließen.
"Draghi-avelli hat Deutschland fest im Würgegriff"
So
nimmt es denn kein Wunder, dass sich die deutsche Groß- und
Finanzindustrie so eindeutig für immer größere Euro-Rettungspakete
ausspricht. Was sonst spendierte beiden einen jährlichen
Multi-Milliardenbonus auf ihre Außenwirtschaftserlöse und parkte die
Kosten solange in der Bundesbankbilanz, bis bei deren Rekapitalisierung
schließlich wieder einmal der Bund und damit der Steuerzahler zur Kasse
gebeten wird.
EZB-Präsident Draghi-avelli hat
Deutschland fest im Würgegriff. Durch das Target2-System zwingt die EZB
die Bundesbank, den Gegenwert von fast zwei Dritteln aller deutschen
Ausfuhren in die Euro-Zone mit öffentlichen Geldern auf unabsehbare Zeit
zwischen zu finanzieren. Mit seinem unbegrenzten
Staatsanleihekaufprogramm ermöglicht der frühere Goldman-Sachs- und
jetzige EZB-Banker zudem bankrotten Regierungen und Banken in Südeuropa
(und alsbald vielleicht auch Frankreich), ihre öffentliche Schulden über
die EZB umzuschulden und letztlich zu vergemeinschaften, sei es durch
Inflation verbunden mit einem immerwährenden Niedrigzins oder durch
Refinanzierung der EZB und der Bundesbank mit deutschem Steuergeld. Es
bedarf also gar keiner Eurobonds mehr. Die EZB hat sie längst unter
anderem Name als Target2-Salden und Staatsfinanzierung durch
Anleihekäufe eingeführt.
Die EZB und mit ihr das gesamte bundesdeutsche
parteipolitische Oligopol mit seiner Ersatzreligion vom Segen der
Europäischen Union und dem Totem vom Euro sind derweil eine der größten
Gefahren für die Weltwirtschaft. Sie erhalten ein System aufrecht, was
letztlich nur als Weichwährungsland und um den Preis von solidarischer
Stagflation, nicht aber als Stabilitätszone und Wohlstandsgesellschaft
überleben wird.
Mit der Eurorettung und der
Vergemeinschaft der Schulden in der Euro-Zone bindet sich Deutschland an
einen Leichnam. Die nekrophile Bundesregierung täte besser, ihre
Verluste zu begrenzen. Stattdessen beschwört 'die erfolgreichste
Bundesregierung seit der Wiedervereinigung' weiterhin das Mirakel des
europäischen Opfers. Draghi-avelli indessen betreibt emsig die
'Lirafizierung' des Euro, assistiert vom Bundesverfassungsgericht,
dessen Präsident bereits ankündigte, er wolle die gerichtliche
Entscheidung über die Anleihekäufe so lange verschleppen oder
weiterreichen, bis die EZB Fakten geschaffen hat - dem Rechte zum Trotz
und Goldman Sachs zur Sühnetat.
Dr. Gunnar Beck lehrt EU-Recht und Rechtstheorie an der Universität London. Er ist Autor der Studie The Legal Reasoning of the Cout of Justice of the European Union, die im Dezember 2012 bei HART Publishing, Oxford, erscheint.
Gunnar Beck, Europarechtler an der Universität London. Quelle: PR |
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